Paper zu kreislauffähiger Produktentwicklung erhält den »Reviewers Favorite Award« auf der DESIGN 2024
Wie können Produkte so entwickelt werden, dass sie im Laufe ihres Lebenszyklus die Anwendung von Kreislaufmaßnahmen ermöglichen? Das ist die Kernfrage der Kreislaufwirtschaft, die für nachhaltige Unternehmensziele immer wichtiger wird. Kreislaufwirtschaft ist ein System, welches durch das Schließen von Energie- und Materialkreisläufen und zirkulärer Wertschöpfung Ressourcenverbrauch minimiert. Dieses Konzept kann durch so genannten R-Maßnahmen umgesetzt werden. Beispiele hierfür sind Reuse (Wiederverwendung), Repair (Reparatur), Refurbish (Aufbereitung) und Recycling. Welche Maßnahme für welche Teile eines Produkts oder für welchen Abschnitt im Lebenszyklus wirklich die meisten Einsparungen bringen oder am besten Ressourcen schonen, ist bisher jedoch schwer abschätzbar.
Lebensdauer maximieren, Ressourcen minimieren
Im Rahmen des Projekts »Cyclometric« hat Marie Schwahn, Informatikerin am IAT der Universität Stuttgart, gemeinsam mit Projektpartnerinnen und -partnern aus den Bereichen Design und Materialwissenschaft sowie der Automobilbranche eine Softwarelösung auf Basis von Model-Based Systems Engineering entwickelt, mit der sich die Vorteile von R-Maßnahmen bewerten und die Produktentwicklung im Sinne der Kreislaufwirtschaft optimieren lassen – und zwar schon in der Anfangsphase eines Produkts, nämlich beim Design. Das Tool zielt darauf ab, dynamisch während des Entwicklungsprozesses, Metriken wie zum Beispiel die Lebensdauer von Produkten, entstehende Kosten, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zu berechnen, wodurch Effekte verschiedener eingeplanter R-Maßnahmen messbar gemacht werden. Die Kreislaufstrategie basierend auf der Anwendung verschiedener R-Maßnahmen kann somit anhand der Kenngrößen optimiert werden und das Design entsprechend angepasst werden.
Praxistest anhand einer Automobilkompenente
Um Aufschluss darüber zu erhalten, welche Informationen im Laufe eines Produktlebenszyklus an welcher Stelle benötigt werden, hat Marie Schwahn mit LOTUS einen Projektpartner gefunden, der die Methodik im Hinblick auf die mögliche Integration in aktuelle Produktentwicklungsprozesse bewertet . Am Beispiel einer Mittelkonsole wurde untersucht, wie ein Design- und Entwicklungsprozess abläuft und an welchen Stellen das Tool unterstützen kann. »Wir wollten es dem Entwickler ermöglichen verschiedene Optionen für Produktlebenszyklen abzubilden und diese auf deren Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit zu untersuchen,«, sagt Schwahn und ergänzt: »Bestimmte Maßnahmen erfordern mehr Energie oder das Design um diese Maßnahmen anwendbar zu machen kostet mehr. Mit Cyclometric werden die Vor- und Nachteile solcher Maßnahmen quantifizierbar.« Unternehmen können anhand einer klaren Datenbasis entscheiden, an welcher Stellschraube im Produktlebenszyklus sie drehen möchten.
Das Verbundprojekt CYCLOMETRIC wird durch die Fördermaßnahme »Auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilität durch kreislauffähige Wertschöpfung (MobilKreis)« im Rahmen des Förderprogramms »Zukunft der Wertschöpfung« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft noch bis Ende September 2024.
Lebenszyklusorientierte Entwicklung von Fahrzeug-Komponenten
Um Produktentwickelnde bereits in einer frühen Phase bei der Entwicklung von kreislaufgerechten Fahrzeugbauteilen zu unterstützen, wollen das Fraunhofer IAO und das kooperierende IAT der Universität Stuttgart gemeinsam mit Partnern im Projekt CYCLOMETRIC ein entsprechendes Tool konzipieren. Eine begleitende Bauteilentwicklung gewährleitstet die Transfermöglichkeit in die industrielle Praxis.